Manchmal bittet man mich, etwas zu erzählen. Doch wenn ich dann erzähle, beschleicht mich meist das unangenehme Gefühl, dass mir die Leute nicht glauben. Man sieht das nämlich an ihren Gesichtern. Sie kneifen ein wenig die Augen zusammen und ziehen die Mundwinkel nach oben, als ob sie lachen möchten und sich nur mühsam zurückhielten. Auf ihren Stirnen liegen leichte Querfalten; bei manchem steht auch eine kurze, tiefe Furche senkrecht über der Nase. Nicht jeder erkennt das. Aber ich spüre es eben.
Mit der kleinen Geschichte, die ich euch heute erzählen möchte, würde es mir bei den meisten Zuhörern gewiss genauso ergehen. Zugegeben, man kann das, was ich noch keinem Menschen verraten habe, für merkwürdig halten. Aber wenn ihr gut zuhört, werdet ihr erkennen, dass sich alles wirklich so zugetragen hat, wie ich es schildere.
Viele Leute glauben nur das, was sie hören, sehen, riechen, schmecken und anfassen können. Damit würde man sich auch zufrieden geben, wenn ihre Sinne nicht so abgestumpft wären. Ein schlafender Hund wacht auf, wenn sich ein Dieb ins Haus schleicht, während alle Hausbewohner ruhig weiterschlafen. Eine Eule sieht auch im Dunkeln. Ein Trüffelschwein riecht die Trüffel, die sich tief in der Erde verstecken.
Ein Hai schmeckt einen Tropfen Blut im Meer und die Fliege flieht schon vor dem sachten Luftzug, wenn unsere Hand, die sie fangen will, noch weit von ihr entfernt ist.
Obwohl sie das alles wissen, glauben die Menschen dennoch, dass ihre stumpfen Sinne das Maß aller Dinge seien und dass demzufolge alles, was sie nicht hören, sehen, riechen, schmecken und fühlen, auch nicht vorhanden ist.
Wenn man ihnen beispielsweise erzählte, man habe einen blauen Elefanten gesehen, dann würden sie spöttisch lächeln: „Ja, im Zirkus, und er war blau angemalt.“ Sie hören gar nicht richtig zu, wenn man ihnen beschreibt, dass der Elefant, den man gesehen hat, wirklich blau und keineswegs blau angestrichen war. Wenn man gar noch beteuert, dass dieser blaue Elefant vom Himmel geschwebt kam, wird es ihnen zu viel, und sie sagen barsch: „Nun höre aber auf mit deinen Albernheiten!“
Doch ich hoffe, dass ihr nicht so seid wie die anderen.
Deshalb werde ich euch trotz aller schlechten Erfahrungen mit manchen Zuhörern von meinen Erlebnissen mit den blauen Elefanten erzählen. An euren Gesichtern werde ich sehen, ob ihr mir glaubt oder nicht.
Also, es begann an einem wunderschönen Frühlingstag.
Der Himmel strahlte in dem kräftigen Blau, auf das man viele blassblaue Winterhimmeltage hindurch vergeblich gewartet hatte. Die Sonne ließ zum ersten Mal in diesem Jahr spüren, dass mit ihrem freundlichen Licht auch eine fühlbare Kraft auf unsere blassen Gesichter und Hände drückte. Auf den Wiesen, die gerade versuchten, ihr Gelbbraun mit einigen grünen Halmen zu durchflechten, standen gedrungene gelbe und schlanke blasslila Krokusse. Der breite Fluss glimmerte im Sonnenschein, während sich der glänzende, graue Radweg einladend am Fluss entlang hinzog und zahlreiche Radfahrer, Spaziergänger und Roller fahrende Kinder anlockte.
Vom strengen Winter verwitterte Bänke luden zum Sitzen ein, einem Vergnügen, das man in dieser Umgebung monatelang vermisst hatte.
Weil ich die Einladung einer Bank nicht abschlagen wollte, die noch auf den Pinsel wartete, sich aber gar nicht mehr kalt anfühlte, setzte ich mich, schlug die Beine bequem übereinander und blinzelte ins Licht, die Augen im Wechsel mehr oder weniger geschlossen, so dass sich bei diesem Augenspiel die Türme und Kuppeln auf der gegenüberliegenden Seite des Wassers gegeneinander verschoben, sich himmelwärts verlängerten, um sich dann wieder flusswärts zusammenzuducken. …
